Frage 10

Warum wurde an dieser Stelle ein Lift gebaut?

Franz Josef Bucher-Durrer wollte, dass seine Gäste vom Felsenweg aus den höchsten Punkt des Bürgenbergs möglichst bequem erreichen konnten. Der Bau einer Bergbahn wäre in diesem Gelände teurer und aufwändiger gewesen. Ein Lift war zudem eine grosse Attraktion.
Abb. 1: Ansichtskarte von der Bergstation des Hammetschwand-LiftsAbb. 1: Ansichtskarte von der Bergstation des Hammetschwand-Lifts

Abb. 2: Ausschnitt aus einem portablen Panorama vom Bürgenberg von 1870
Abb. 2: Ausschnitt aus einem portablen Panorama vom Bürgenberg von 1870

Der Besuch von Aussichtspunkten ist heute ganz selbstverständlich Teil von Reisen und Ausflügen. Das war lange Zeit nicht so: Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden Aussichtspunkte zu einem Reiseziel. Die Reisenden suchten neu das visuelle Spektakel und die Möglichkeit, den Raum mit allen Sinnen wahrzunehmen. Die in Rundbauten gezeigten Panoramen waren für diese Entwicklung von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Sie stellten in den Städten des 19. Jahrhunderts ein rege konsumiertes Massenmedium dar. Vielerorts gehörten Abbildungen von Schweizer Landschaften zum Programm. Beliebt waren auch Souvenirpanoramen und Ansichtskarten, welche die Reisenden heimbrachten und den Daheimgebliebenen zeigten. Diese Gemälde übten allesamt einen unglaublichen Reiz auf die Menschen aus und nicht wenige wollten das Dargestellte in Realität sehen. Zunehmend wichtig wurde auch die Möglichkeit, sich im Raum zu verorten. Zu diesem Zweck wurden für viele Aussichtspunkte portable beschriftete Panoramen hergestellt. Die Reisenden nahmen diese Panoramen mit und konnten damit die von einem Aussichtspunkt aus sichtbaren Punkte benennen.

Warum baute Franz Joseph Bucher-Durrer nicht wie damals üblich eine Bergbahn?

Vermutlich hatte Franz Joseph Bucher-Durrer ursprünglich vorgehabt, an der Stelle des späteren Lifts eine Bergbahn zu bauen. So wie es damals üblich war und so wie er es bereits andernorts gemacht hatte. Wahrscheinlich entschied er sich schliesslich für einen Lift, weil dessen Bau kostengünstiger war und sich ein Lift als weitere spektakuläre Attraktion kommerziell nutzen liess. Wer in dieser boomenden Zeit als Tourismusunternehmer konkurrenzfähig bleiben wollte, musste sich von der Konkurrenz abheben. Die Konkurrenz war riesig. Alleine in der näheren Umgebung der Bürgenstock-Hotels von Bucher-Durrer wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit dem Hotel Honegg (Abb. 3), dem Hotel Mattgrat (Abb. 4) und dem Hotel Waldheim (Abb. 5) auf dem Bürgenberg drei weitere Hotels gebaut. Auch regional und überregional erwuchs grosse Konkurrenz. Um die Gäste anzuziehen, wurde alles Erdenkliche geboten. Ein 165 Meter hoher Aussenlift war genau das Richtige. Dass er bei seinem Bau europaweit der höchste Aussenlift war, trug ebenfalls zu seiner Attraktivität bei.

Abb. 3: Gemälde vom Hotel HoneggAbb. 3: Gemälde vom Hotel Honegg

Abb. 4: Ansichtskarte vom Hotel MattgratAbb. 4: Ansichtskarte vom Hotel Mattgrat

Abb. 5: Ansichtskarte vom Hotel & Pension WaldheimAbb. 5: Ansichtskarte vom Hotel & Pension Waldheim

Wie wurde der Lift gebaut?

Für den Bau der Anlage wurden zunächst vom Felsenweg her eine Felskammer für den Maschinenraum und der Eingang in den Lift angelegt. Von dort aus wurde sodann der untere Teil des 60 Meter hohen Liftschachts senkrecht in den Felsen gesprengt. Für den Bau des Liftturms und dessen Verankerung im Boden musste vom Felsenweg her ein Zugangsweg auf das Felsband gebaut werden. Auf diesem Felsband wurden alsdann das Fundament für den Liftturm und der Liftturm selber errichtet. Der Liftturm ist eine Eisenfachwerkkonstruktion ähnlich dem Eiffelturm in Paris (Abb. 6) und wurde an Ort und Stelle zusammengenietet. Die Möglichkeit, den Turm am Berg zu verankern, erlaubte den Erbauern, den Turm über seine ganze Höhe auf einer Grundfläche von 2 m x 2 m hochzuziehen. Ohne diese Möglichkeit hätte der Liftturm wie der Eiffelturm im Grund breiter abgestützt werden müssen.

Abb. 6: Entwurf des Eiffelturms um 1884 mit Höhenvergleich bedeutender zeitgenössicher BauwerkeAbb. 6: Entwurf des Eiffelturms um 1884 mit Höhenvergleich bedeutender zeitgenössischer Bauwerke

Wie sah der erste Lift aus?

Der erste Lift auf die Hammetschwand fuhr wie damals üblich mit einer Holzkabine (Abb. 7). Die Kabine war zum Schutz gegen die Witterung aussen mit Zinkblech beschlagen. Sie hatte eine Grundfläche von knapp drei Quadratmetern und war mit zwei gepolsterten Sitzbänken ausgestattet, ähnlich der Kabine auf Abbildung 8. Diese Einrichtung bot den Damen die erforderliche standesgemässe Mitfahrgelegenheit. Bilder der ersten Anlage lassen zudem vermuten, dass bereits die erste Kabine mindestens seeseitig ein Fenster hatte, durch das die Gäste während der Fahrt in die Tiefe schauen konnten. Für den Betrieb dieses ersten Liftes waren zwei Personen erforderlich: ein Wärter, der den Aufzug bediente, und ein Kondukteur, der wie damals üblich in der Kabine mitfuhr. Der Kondukteur des Liftes, auf Abbildung 1 mit Dienstmütze im Lifteingang stehend, musste die Gäste während der Fahrt begleiten und dafür sorgen, dass die Kabine stets tadellos sauber war.

Abb. 7: Ausschnitt aus einer Ansichtskarte mit gut erkennbarer HolzkabineAbb. 7: Ausschnitt aus einer Ansichtskarte mit gut erkennbarer Holzkabine

Abb. 8: Innenansicht einer Liftkabine mit Sitzgelegenheit für DamenAbb. 8: Innenansicht einer Liftkabine mit Sitzgelegenheit für Damen